Erläuterungen zum Silver-Meal-Verfahren bei stochastischer Nachfrage

Im Folgenden werden die Berechnungen für das Beispiel zum Silver-Meal-Verfahren bei stochastischer dynamischer Nachfrage an einem Beispiel detailliert erklärt:

Es werden normalverteilte Periodennachfragemengen mit den folgenden Mittelwerten und Standardabweichungen angenommen:

Periode $t$
1
2
3
4
5
6
$E\{D_t\}$
20
100
160
85
120
100
$\sigma_{D_t}$
6
24
48
25.5
36
30

Der Lagerkostensatz beträgt $h=1$, der Rüstkostensatz ist $s=500$, und der Servicegrad ist $\beta_c=0.99$.

Wir betrachten zunächst Periode $\tau=1$ und bestimmen die kumulierte Produktionsmenge $Q^{(1)}$ für den Fall, daß nur die erste Periode $t=1$ durch das betreffende Los gedeckt wird. $Y^{(\tau,t)}$ ist die Nachfragemenge der Perioden $\tau$ bis $t$. $Y^{(t)}$ ist die kumulierte Nachfragemenge der Perioden $1$ bis $t$. Zur Berechnung der Fehlmenge in einer Periode verwenden wir die Fehlbestand am Periodenende $I^f(t)$. Der Fehlmenge in einem Produktionszyklus ist gleich dem Fehlbestand am Ende abzüglich dem Fehlbestand am Beginn des Produktionszyklus.

Kumulierte Nachfragemenge:

$E\{Y^{(1)}\}=20$; $\sigma\{Y^{(1)}\}=6$

Die erlaubte Fehlmenge ist dann:

$E\{F_{Y^{(1,1)}}\} =20 \cdot (1-0.99)= 0.2$

Die standardisierte erlaubte Fehlmenge ist:

$E\{F_U\} = \frac{0.2}{6} = 0.0333$

Der Sicherheitsfaktor, mit dem eine Fehlmenge der Höhe 0.0333 erreicht wird, ist:

$v_{opt} = \min [v| E\{F_U\} = 0.0333] = 1.4433$

Daraus ergibt sich die kumulierte Produktionsmenge:

$Q^{(1)}(\beta_c=0.99) = 20 + 1.4433 \cdot 6 = 28.66 $

Die Losgröße $q_1$, bei der am Ende der Periode $t=1$ die erwartete Fehlmenge 0.2 beträgt, ist dann:

$q_{1} = Q^{(1)} = 28.66 $

Jetzt wird der Lagerbestand am Ende der Periode 1 bestimmt. Der Bestand am Ende der Periode $t$ ist der Betrag, um den die kumulierte Produktionsmenge am Ende der Periode $t$, $Q^{(t)}$, die gesamte Nachfrage in den Perioden $1$ bis $t$ überschreitet. Tritt nur die erwartete Nachfrage ein, dann ist der Bestand gleich dem Sicherheitsbestand. Ist die Nachfrage größer als $Q^{(t)}$, dann kommt es zu einem Fehlbestand.

Den physische Lagerbestand bei normalverteilter Nachfrage ist:

$E\{I^p(t)\} = Q^{(t)} - E\{Y^{(t)} \} + \Phi^1(v) \cdot \sigma_{Y^{(t)}}$

$\sigma_{Y^{(t)}}$ ist die Standardabweichung der Summe der Nachfragemengen der Perioden $1$ bis $t$. Der dritte Term auf der rechten Seite ist der erwartete Fehlbestand am Ende der Periode $t$, $E\{I^f(t)\}$.

$v = \frac{Q^{(t)} - E\{Y^{(t)}\}}{\sigma_{Y^{(t)}}}$.

$\Phi^1(v) = \phi(v)- v\cdot (1 - \Phi(v))$ ist die Verlustfunktion erster Ordnung der Standardnormalverteilung (entspricht dem Erwartungswert der Fehlmenge in der $(s,q)$-Politik). $Q^{(t)}$ wird mit einem Suchverfahren bestimmt.

$\Phi^1(v=1.4433) = 0.0333$

Der physische Lagerbestand am Ende der Periode 1 beträgt damit:

$E\{I^p(1)\} = 28.66 - 20 + 0.0333 \cdot 6 = 8.86$

Damit betragen die durchschnittlichen Kosten pro Periode, wenn das Los $q_1$ nur die Periode $t=1$ abdeckt:

$C_{1 1} = \frac{500+8.86}{1} = 508.86$

Jetzt erhöhen wir die Reichweite des Loses auf $t=2$.

Kumulierte Nachfragemenge:

$E\{Y^{(2)}\}= 20+80=100$; $\sigma\{Y^{(2)}\}=\sqrt{6^2+24^2} = 24.74$

Die erlaubte Fehlmenge ist nun:

$E\{F_{Y^{(1,2)}}\} =(20+80) \cdot (1-0.99)= 1$

Daraus ergibt sich die kumulierte Produktionsmenge:

$Q^{(2)}(\beta_c=0.99) = 133.52$

Die neue Losgröße $q_1$ ist dann

$q_{1} = Q^{(2)} = 100 + 1.3550 \cdot 24.74 = 133.52$

Jetzt werden die Lagerbestände am Ende der Perioden 1 und 2 bestimmt. Zunächst berechnen wir den Bestand am Ende der Periode 1.

Fehlbestand am Ende der Periode 1:

$E\{I^f(1)\} = \Phi^1(v=\frac{133.52-20}{6}) \cdot 6 = 0$

Am Ende der Periode 1 beträgt der erwartete physische Lagerbestand dann:

$E\{I^p(1)\} = 133.52 - 20 + 0.0 = 113.52$

Fehlbestand am Ende der Periode 2:

$E\{I^f(2)\} = \Phi^1(v=\frac{133.52-100}{24.74}) \cdot 24.74 = 0.0405 \cdot 24.74 = 1.0$

Am Ende der Periode 2 beträgt der erwartete physische Lagerbestand dann:

$E\{I^p(2)\} = 133.52 - 100 + 1.0 = 34.52$

Damit betragen die durchschnittlichen Kosten pro Periode, wenn das Los $q_1$ die Perioden 1 und 2 abdeckt:

$C_{1 2} = \frac{500+(113.52+34.52)}{2} = 324.02$

Die durchschnittlichen Kosten pro Periode haben sich also verringert. Damit ist es nach dem Silver-Meal-Kriterium vorteilhaft, das Los der Periode $\tau=1$ um den Bedarf der Periode 2 (einschließlich eines Anteils für den Sicherheitsbestand) zu vergrößern.

Im nächsten Schritt führt man die obigen Berechnungen für $t=3$ durch.

Weitere Erläuterungen sind im Lehrbuch zu finden. Der Produktions-Management-Trainer enthält ein Modul, in dem die Berechnungen Schritt für Schritt protokolliert werden.

Modul Stochastische Losgrößenplanung: Fixierte Losgrößen (heuristisch) im Produktions-Management-Trainer:

PMT

Siehe auch ...

Literatur

Tempelmeier, H. (2017). Produktionsplanung in Supply Chains. 5. Aufl., Norderstedt: Books on Demand.